Tief Luft holen:
Wissenswertes über die Atmung
Wir hecheln von einem Termin zum nächsten, gönnen uns umgangssprachlich einen Moment zum „Verschnaufen“ und halten die Luft an, wenn etwas Aufregendes passiert. Vom ersten bis zum letzten Atemzug: Die Atmung bestimmt unser ganzes Leben. Grund genug, sich einmal intensiver mit der Thematik zu beschäftigen. Also noch einmal tief durchatmen und los geht’s!
Ohne Sauerstoff kann der Mensch nur ein paar Minuten überleben. Bei fehlender Sauerstoffzufuhr zum Gehirn treten schnell Schwindel und Bewusstseinseintrübung auf, nach 4 Minuten kommt es zu bleibenden Gehirnschäden. Wussten Sie, dass wir pro Tag im Ruhezustand ca. 24.000 mal atmen? Auch die Atemmenge ist verblüffend: Ein Erwachsener atmet täglich 10.000 bis 20.000 Liter ein und aus – damit könnte man einen mittelgroßen Heißluftballon füllen. Die Gesamtoberfläche aller Lungenbläschen, die übrigens Alveolen heißen, beträgt zwischen 80 und 120 Quadratmeter. Das ist 40 bis 50 mal größer als die Körperoberfläche eines Menschen.
Dünne Luft
Vielleicht haben auch Sie schon einmal beim Wandern bemerkt, dass Atmen mit zunehmender Höhe anstrengender wird. Ab etwa 2.500 Metern besteht die Gefahr einer Höhenkrankheit, schon ab 3.000 Metern Höhe hat man 40 % weniger Sauerstoff zum Atmen.
Die ersten Warnzeichen: Müdigkeit, Appetitverlust, Übelkeit bis hin zum Erbrechen, Kopfschmerzen und Schwindel. Um die Höhenkrankheit zu vermeiden, lautet daher die wichtigste Regel: Langsam aufsteigen!
Nur keine Panik
Eine gute Atemtechnik ist generell wichtig, um entspannen zu können. Und wer schon einmal unter einer Panikattacke gelitten hat, weiß, dass Ängste immer mit Atmungsveränderungen verbunden sind. Atem- und Herzrhythmus sind eng aneinander gekoppelt. Auf 15 bis 20 Atemzüge pro Minute kommen 60 bis 80 Herzschläge. Die Ruheatmung sollte nicht mehr als 15 Atemzüge in der Minute umfassen, bei Belastung bis zu 30 Atemzüge, bei bewusster Entspannung 6 bis 10 Atemzüge pro Minute. Wer schneller atmet, beschleunigt den Herzschlag, weil der eingeatmete Sauerstoff zu den Organen weitergeleitet werden muss – viele Patienten mit Panikattacken haben bereits einen zu hohen Ruhepuls.
Alles eine Frage der Ausdauer
Wie viel Sauerstoff man maximal aufnehmen kann, hängt von der Größe des Herzminutenvolumens ab (Schlagfrequenz mal Schlagvolumen/ Minute). Hand aufs Herz – machen Sie regelmäßig Sport? Durch Ausdauersport kann man nämlich das Herzschlagvolumen verbessern. Bei gut trainierten Sportlern schlägt es im Ruhezustand oft nur 40 mal pro Minute und transportiert bei Belastung mit weniger Schlägen mehr Blut als das von Sportmuffeln. Damit nimmt ein trainierter Körper Sauerstoff nicht nur besser auf als ein untrainierter Körper, er verwertet ihn auch besser.
Luft anhalten
Mit gezielten Atemübungen können Sie übrigens lernen, länger ohne Sauerstoff auszukommen – echte Profis darin sind zum Beispiel Synchronschwimmerinnen. Die wichtigste Voraussetzung: Lernen Sie sich zu entspannen! Ein ruhiger Körper verbraucht weniger Energie und Sauerstoff.
Yoga
Viel über die richtige Atmung lernt man übrigens im Yoga. Eine der effektivsten Atemübungen oder Pranayamas ist die Vollatmung, bei der man drei Atmungstypen miteinander kombiniert:
1. Bauch- oder Zwerchfellatmung:
Beim Einatmen bewegt sich das Zwerchfell nach unten und komprimiert die Bauchorgane – die Bauchdecke wölbt sich nach vorn. Beim Ausatmen kehrt das Zwerchfell nach oben zurück und der Bauch wird wieder flach. Die Bauchatmung ist die Basis der Atmung: Dabei nutzt man seine Lungenkapazität voll aus, verlangsamt bzw. vertieft auf natürliche Weise die Atmung und fördert die Entspannung.
2. Brustatmung:
Hier heben sich beim Einatmen die Rippen und der Brustkorb erweitert sich – beim Ausatmen kehren die Rippen wieder in die ursprüngliche Stellung zurück. Die Lungen werden weniger gefüllt als bei der Bauchatmung – die Atmung ist damit schneller und flacher. In Stress-Situationen kommt es automatisch zur Brustatmung. Man beginnt unbewusst rascher zu atmen und verstärkt damit sogar oft den Spannungszustand. In solchen Situationen ist die bewusste Bauchatmung eine gute Hilfe.
3. Schlüsselbeinatmung:
Die Luft strömt dabei in die Lungenspitzen. Beim Einatmen hebt sich der obere Teil des Brustkorbs mit den Schlüsselbeinen, beim Ausatmen senkt er sich wieder. In extremen Angst- oder Atemnotsituationen kommt es automatisch zur Schlüsselbeinatmung.
Übung, um alle drei Atmungs-Arten bewusst wahrzunehmen:
1. Legen Sie die Hände auf den Bauch und beobachten Sie die Bewegung der Bauchdecke beim Ein- und Ausatmen.
2. Legen Sie jetzt die Hände seitlich auf die Rippen (Finger zum Brustbein gerichtet) und spüren Sie, ob und wie weit sich die Rippen unter Ihren Händen heben und senken.
3. Legen Sie jetzt die Hände auf das Schlüsselbein und konzentrieren Sie sich auf die Bewegung des oberen Brustkorbs.
Vollatmung
Optimalerweise verbinden sich innerhalb von einem Atemzug alle drei Atmungsformen zu einer „fließenden Welle“, die beim Einatmen von unten nach oben und beim Ausatmen von oben nach unten verläuft.
Übung zur Yoga-Vollatmung
Ausgangsposition:
Legen Sie sich dazu auf den Rücken und lassen Sie die Beine locker auseinanderfallen. Die Arme liegen entspannt mit nach oben gerichteten Handflächen neben dem Körper. Schließen Sie die Augen und entspannen Sie den ganzen Körper.
1. Mit dem Einamten bewegen Sie die gestreckten Arme auf dem Boden langsam seitwärts hinauf, bis die Arme neben dem Kopf liegen. Entsprechend der Bewegung Ihrer Arme beginnen Sie mit der Bauchatmung, gehen fließend zur Brustatmung und schließlich zur Schlüsselbeinatmung über.
2. Die Ausatmung verläuft umgekehrt: Beginnen Sie mit dem Ausatmen im Schlüsselbeinbereich, gehen Sie zum Brustkorb über und lassen Sie schließlich die Bauchdecke entspannt nach unten sinken.
5-10 x wiederholen und den Atemvorgang bewusst erleben, bis die Atmung tief und vollkommen ist.