Neinsagen lernen
Nein sagen will gelernt sein. Wie wir uns darin üben können haben wir in diesem Beitrag mit 20 alltäglichen Beispielen illustriert.
Bereiten Sie sich vor: Was ist Ihnen wichtig?
Der erste Schritt dazu „Nein“ zu sagen ist sich darauf vorzubereiten. Es ist wesentlich einfacher eine Einladung abzusagen, wenn wir einen konkreten Grund dafür liefern können.
Hierfür ist es wichtig, für sich einen guten Rhythmus in der persönlichen Zeitenteilung zu finden. Das herauszufinden geht zum Beispiel mit folgenden Fragen: Wie viele Abende die Woche brauche ich für mich? Wie viele berufsbezogene Veranstaltungen außerhalb der Bürozeiten sind für mich pro Woche vertretbar? Wie viele Stunden pro Woche möchte ich aktiv mit meinen Kindern/meiner PartnerIn/meinen Freunden/etc. verbringen? Oder allgemein: Mit wem und womit möchte ich wie meine Zeit verbringen und was ist mir dabei wichtig? Schaffen Sie für all Ihre persönlichen Anliegen klare „Zeitinseln“.
Diese können Sie sich auch in ihrem Kalender markieren. Manche sind womöglich Tageszeitabhängig. Zum Beispiel: „In der Früh eine Runde im Park laufen, um den Kreislauf in Schwung zu bekommen.“ Oder: „Freitagnachmittag Aufgaben der aktuellen Woche auf Status prüfen und Aufgabenliste für kommende Woche erstellen.“ Oder: „Samstagvormittag einen neuen Spielplatz mit Alex entdecken.“
Sie können auch Regeln entwickeln wie: „Wenn ich bis 18:30 Uhr gearbeitet habe, brauche ich eine Stunde für mich zur Regeneration.“ Gerade das bewusste Einplanen von Ruhe- und Regenerationsphasen ist wichtig für unsere Kreativität, Fitness und Gesundheit. Dabei geht es nicht um ein striktes Befolgen nach Punkt und Komma, sondern vielmehr darum, sich selbst diesen Möglichkeitsraum geschaffen zu haben. Fühlen wir uns um 18:30 Uhr fit und will uns jemand kurz auf ein Feierabendgetränk treffen, können wir beherzter „Ja!“ sagen, wenn wir wissen, dass wir uns an anderen Tagen sehr wohl unsere Zeit zum Durchatmen gönnen und nichts „auch noch in den Terminkalender quetschen“. Letztendlich geht es darum, weg von dem Gefühl zu kommen, Termine und ihr inhaltliches Programm zu „müssen“, sondern vielmehr sich bewusst für die Dinge, die einem wichtig sind, die wir „möchten“ und „wollen“, Zeit zu nehmen und den anderen dankend abzusagen.
Sagen Sie „Nein!“
Wenn Sie nun also diese „Zeitinseln“ definiert haben, gilt es, bei Anfragen, die dem Besuch dieser Zeitinseln im Weg stehen, „Nein“ zu sagen. Zur Inspiration haben wir hier 20 Möglichkeiten zusammengetragen:
- Vage, aber effektiv: „Danke für die Nachfrage, aber das geht sich bei mir nicht aus.“
- Es ist nicht persönlich: „Danke für die Nachfrage, aber ich mache keine Interviews, während ich an meinem Buch schreibe.“
- Fragen Sie mich später: „Ich möchte das Interview machen, aber ich bin erst im April verfügbar. Fragen Sie mich dann noch einmal?“
- Die Anfrage fällt nicht ins eigene Kompetenzfeld, ich vermittle Sie an eine Expertin: „Ich kann es nicht, aber ich wette, Silvia kann es. Ich werde sie für dich fragen.“
- Ich vermittle Ihnen eine Vertretung: „Ich habe gerade keine Zeit. Lassen Sie mich jemanden empfehlen, der Ihnen vielleicht helfen kann.“
- Versuchen Sie es weiter: „Keiner der vorgeschlagenen Termine ist für mich möglich, aber ich würde dich gerne sehen. Schick‘ mir noch ein paar Vorschläge.“
- Versuch‘ es in letzter Minute: „Mein Kalender ist für diesen Monat voll, aber ich würde das gerne einmal mit dir machen! Rufst du mich kurz an, bevor du das [=z.B. Tanzkurs, Karaoke singen, Stricktreff, etc.] wieder machst?“
- Dankbarkeit: „Vielen Dank für Ihren Enthusiasmus und Ihre Unterstützung! Es tut mir leid, dass ich Ihnen im Moment nicht helfen kann.“
- Geben Sie Papa eine Chance: „Weißt du, ich habe das Gefühl, dass Mütter immer die Schulausflüge begleiten. Lass uns Papa fragen, ob er dieses Mal aushelfen will.“
- 5-Minuten-Gefallen als Gegenvorschlag: „Ich kann bei Ihrer Veranstaltung keinen Vortrag halten, aber ich werde Ihnen helfen, in meinem Blog dafür zu werben.“
- Minimalistisch, einfach nein: „Danke, da muss ich passen.“ (Sagen Sie danach nichts weiter. Keine Rechtfertigung.)
- Wertschätzend: „Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du mich fragst, aber ich bin an dem Tag leider nicht verfügbar.“ Oder „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie an mich denken, aber ich fürchte, ich bin an diesem Tag bereits ausgebucht.“
- Es tut mir leid: „Ich wünschte, ich könnte, aber es geht sich im Moment einfach nicht aus.“
- Es ist die Vereinbarung mit jemand anderen: „Ich habe meinem Coach/Therapeuten/PartnerIn/Kindern etc. versprochen, dass ich jetzt keine Projekte mehr annehmen werde. Ich arbeite daran, mehr Balance in mein Leben zu bringen.“
- Meine Familie ist der Grund: „Vielen Dank für die Einladung, das ist der Tag des Fußballspiels meines Sohnes, und das verpasse ich nie.“
- Grenzen setzen: „Lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich tun kann …“ Beschränken Sie dann Ihr angebotenes Engagement auf das, was für Sie angenehm ist.
- Nicht nein, aber nicht ja: „Lass mich darüber nachdenken, und ich melde mich bei dir.“
- Sagen Sie nichts: „Nicht alle Anfragen erfordern eine Antwort. Es fühlt sich unhöflich an, eine Anfrage zu ignorieren, aber manchmal ist es für alle der beste Weg, das Gesicht zu wahren.“
- Erklären Sie, was Sie beschäftigt bzw. schwer erreichbar hält,B.: Wenn sich das eigene Kind im Sportunterricht verletzt und viele Besuche in der Notaufnahme, Kliniken, Spezialisten, etc. notwendig sind, reicht es oft, dem Gegenüber zu erzählen, was los ist. Das wird die Anfragen für eine Weile reduzieren.
- Ich bin „am Limit“: „Wir brauchen ein ‚Sicherheitswort‘, um Nein zu sagen – eine einfache Möglichkeit, anderen zu sagen, dass wir das, worum sie bitten, nicht tun können/wollen, aber dass es nicht persönlich ist. Wenn wir kommunizieren, dass uns eine Anfrage derzeit zu viel ist, bitten wir somit zu respektieren, dass wir auf uns selbst aufpassen – gleichzeitig respektieren wir auch das Bedürfnis unserer Gegenüber, für sich selbst zu sorgen.“
Fokussieren Sie auf das Positive
„Nein“ zu sagen kann sich in manchen Situationen dennoch unangenehm anfühlen. Wenn wir eine Anfrage ablehnen, sollten wir uns bemühen, uns auf das Gute zu konzentrieren, das aus diesem Nein entsteht, und nicht auf das Bedauern oder die Schuld, die wir empfinden, wenn wir ein Angebot ablehnen. Vielleicht sind wir besser ausgeruht, weil wir nicht auf eine Party gegangen sind, oder wir sind weniger verärgert, weil wir jemand anderen aushelfen lassen. Vielleicht gibt es Zeit für eine andere (freudvollere) Aktivität, wenn Sie zu einer Sache nein sagen. Was auch immer der Fall sein mag, konzentrieren Sie sich auf das positive Ergebnis Ihrer Bemühungen, ein gutes Nein zu geben.
Quelle: Greater Good Science Center