Gestern – Heute – Morgen: Kaffee
Wie hat das koffeinhaltige Getränk seinen Weg in unsere Heimat gefunden? Seit wann gibt es die beliebten Wiener Kaffeehäuser?
Und welche Trends kann man in der Kaffeehauskultur erkennen? FAIRliving begibt sich auf Spurensuche …
Wussten Sie, dass das Wort „Kaffee“ auf die türkische Bezeichnung für Wein – „quavah“ oder „kahve“ – zurückzuführen ist? Weil Muslimen der Genuss von Alkohol verboten ist, wichen sie gerne auf Kaffee aus, der ähnlich belebend wie Wein empfunden wurde. Irgendwann wurde voraussichtlich die Bezeichnung für Wein auf das beliebte schwarze Getränk übertragen.
Über die Entdeckung von Kaffee gibt es verschiedene Geschichten. Eine Legende besagt, dass ein Teil einer Ziegenherde durch den Genuss von kirschenähnlichen Beeren munter wurde – die Hirten beschwerten sich darüber bei Mönchen eines nahe gelegenen Klosters. Als ein Hirte selbst die Früchte probierte, stellte er auch bei sich eine belebende Wirkung fest. Bei ihren Nachforschungen entdeckten die Mönche besagte Beeren, bereiteten daraus einen Aufguss und konnten daraufhin bis tief in die Nacht hinein wach bleiben und beten. Andere Quellen berichten, der Hirte habe die im rohen Zustand ungenießbaren Früchte angewidert ins Feuer geworfen, wodurch sich das prägnante Kaffeearoma entfaltete.
Auch um den Ursprung des Wiener Kaffeehauses ranken sich verschiedenste Mythen: Jahrhundertelang erzählte man sich, dass Georg Franz Kolschitzky nach dem Sieg über die Türken vor Wien mit 500 Sack Kaffee belohnt wurde. Damit soll er das erste Kaffeehaus in der Nähe des Wiener Stephansdoms eröffnet haben. In Wirklichkeit war es der Armenier Johannes Theodat, der 1685 zum Dank für seine Kurierdienste das Privileg erhielt, 20 Jahre lang als einziger Händler der Stadt Kaffee als Getränk zu verkaufen. Daraufhin eröffnete er in seinem Wohnhaus in der heutigen Rotenturmstraße 14 das erste Wiener Kaffeehaus. Ursprünglich war Kaffee sehr teuer, daher konnten sich das belebende Getränk nur wohlhabende Bürger und Aristokraten leisten. Von der ärmeren Bevölkerung wurde er durch Produkte wie Muckefuck, Malzkaffee oder Stragelkaffee ersetzt. Damals entstand auch der heute nur noch selten verwendete Ausdruck „echter Bohnenkaffee“ – zur Abgrenzung von den Kaffee-Ersatzprodukten.
Trends
Während mittlerweile fast jeder Haushalt über eine Espressomaschine oder einen Vollautomaten verfügt, haben die Ersten inzwischen den Reiz des Kaffeekochens wiederentdeckt. Der Trend geht seit Neuestem wieder in Richtung Filterkaffee. Was lange Zeit verpönt war, verdrängt langsam Kapseln und Pads aus den Küchen. Der „brewed coffee“, wie er heute gerne genannt wird, hat mit der dünnen Brühe früherer Tage jedoch relativ wenig zu tun. Mittlerweile tropft sortenreiner Spezialitätenkaffee aus ausgewählten Lagen – geduldig von Hand aufgebrüht – in formschöne Glaskaraffen.
Kaffee ist der neue Wein
Auch auf dem Kaffeehaussektor hat sich einiges getan: Schlag auf Schlag eröffnen in Wien nach internationalem Vorbild Kaffeespezialisten, die Kaffeesorten von den besten Röstern Europas beziehen. Was schon mit Olivenöl, Meersalz und Schokolade passiert ist, widerfährt gerade dem Kaffee: Er wird zur Delikatesse. Ob im kaffemik in der Zollergasse oder im Jonas Reindl in der Nähe der Hauptuni – Kaffee wird dort als hochwertiges Genussmittel angesehen und dementsprechend zelebriert.
Noch ein paar Tipps für Kaffee-Genießer:
Brass Monkey
Die kleine Kaffeebar mit dem auffälligen, türkisen Portal wurde 2013 von einer griechischen Bauingenieurin eröffnet. Der große Holztisch in der Mitte des Lokals ist selten leer – schließlich gilt das Lokal mittlerweile als Geheimtipp für Cupcakes (am Montag immer vegan) und ausgezeichneten Kaffee. Aus „La marzocco“, einer imposanten Kaffeemaschine, kommen nicht nur alle klassischen Kaffeevariationen, sondern auch exotischere Varianten – zum Aufpreis von 20 Cent ist der gewünschte Kaffee auch mit Sojamilch erhältlich. Die Kaffeebohnen stammen aus der griechischen Rösterei „Taf“ und können im Lokal gemahlen und gekauft werden. Noch ein Pluspunkt: Sonntags geöffnet!
Brass Monkey, Gumpendorferstraße 71, 1060 Wien, www.brassmonkeyvienna.com
Balthasar
Schönes Lokal mit Mosaiktheke und goldenen Lampenschirmen, das vom gebürtigen Tiroler Otto Bayer mit viel Liebe geführt wird. Der Kaffee kommt aus der kleinen Rösterei Wild aus Deutschland und neben dem erstklassigen Espresso bzw. Cappuccino gibt’s auch Kaffee aus der Filterkanne. Derzeit wahrscheinlich die beste Kaffeehaus-Adresse Wiens!
Balthasar, Praterstraße 38, 1020 Wien, www.balthasar.at, 0664 381 68 55
Kaffee von Sascha
Alles, was das Herz eines „Third Wave“-Kaffeeliebhabers begehrt: Espresso aus der obligaten „La Marzocco“, Filterkaffee aus der Chemex oder Aeropress, dazu eine arabische Mokkakanne „Cevze“. Unter dem Spitznamen Sascha eröffnete der gebürtige Ukrainer ein erstklassiges Café in der Pilgramgasse – das Angebot wird mit selbstgebackenen ukrainischen Süßspeisen und selbstdesignten T-Shirts seiner Frau abgerundet.
Kaffee von Sascha, Pilgramgasse 3, 1050 Wien, kaffeevonsascha.at, 0680 4458005