•   Der LifestyleBlog von Gesiba   •

Der Tag fängt mit Landwirtschaft an und endet im Music-Club:
Wie man Familie, Beruf und Hobby unter einen Hut bekommt.

Die Sonne brennt gnadenlos auf den Asphalt der Gumpendorfer Straße, als wir an einem schwülen Julitag – bewaffnet mit Mikro und Aufnahmegerät – zu Bruno gehen, um ihn in seinem Studio zu interviewen. Bruno ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt und arbeitet in Wien. Er ist also die ideale Auskunftsperson für den dritten Teil der Generationen-Reihe in der heurigen FAIRliving. Wir sind gespannt, was er über das Leben, Arbeiten und Erwachsensein in Wien zu berichten hat. Noch ein Schluck Wasser – und schon kanns losgehen:

 

FAIRliving: Wir sitzen hier in deinem Studio umringt von unzählbar vielen Gitarren, Verstärkern, Kabeln und Geräten, deren Zweck sich uns nur zum Teil erschließt. Schaut so aus, als hättest du beruflich etwas mit Musik zu tun. Wie würdest du selbst beschreiben, was du machst?
Bruno: Der Hauptanteil meiner musikalischen Tätigkeit ist Gitarrenunterricht und ich bin auch wieder zurück in die Jazz-Szenerie gekommen und spiele jetzt viel Jazz-Gitarre live. Vorher war ich hauptsächlich Theatermusiker.
Wie wird man eigentlich Gitarrist bzw. Profimusiker – und ab wann war das bei dir klar, dass du in die Richtung gehst?
Es war schon sehr früh klar, so mit zwölf Jahren bin ich da richtig reingekippt. Über Freunde und Bekannte bin ich in Bands und Formationen hineingerutscht. Ich hatte auch Gitarrenunterricht und mein Interesse für Musik war schnell geweckt – auch wegen der sozialen Aspekte des Zusammenspielens. Die Schule war dann relativ schnell uninteressant, dennoch hab ich sie durchgezogen – aber Musik zu machen war das Wichtigste.
Die Gitarre ist ein sehr vielseitiges Instrument. Welchen Stil spielst du am liebsten – oder kann man das bei einem Profimusiker gar nicht sagen, weil man grundsätzlich breiter aufgestellt sein muss?
Ja, das ist so. Ganz sicher. Ab dem Zeitpunkt, an dem man beruflich nichts anderes macht, fällt auch die stilistische Festlegung flach. Mag schon sein, dass manche Klassischen Musiker oder Jazzer nur das machen, aber das sind wenige – und außerdem verschwimmen die Stilgrenzen so, dass man es fast nicht sagen kann. Am authentischsten ist Musik oft beim Jammen – da gibts viele Stile: Jazz, Folk, Funk, Blues und Rock. Gerade junge Leute spielen sehr gerne so, weil das ein Gegenpol zum Internet ist. Das echte Aufeinandertreffen, gerade in der Jam-Session, ist einfach sehr attraktiv.
Wie lebt man eigentlich als Gitarrist? Und daran angehängt die Frage, wie man eigentlich Geld damit verdient?
Auch da muss man breit aufgestellt sein. Entweder Musiker haben einen Nebenberuf oder sie geben Unterricht, das ist fast alternativlos. Ganz wenige, zum Beispiel Theatermusiker, leben wirklich nur von Auftritten und vom Spielen.
Zum Thema Unterricht: Wenn Eltern bemerken, dass ihr Kind begabt ist, was sollten sie am besten tun?
Also zuerst: Geduld ist der Schlüssel zum Erfolg. Viele Eltern glauben, dass ihre Kinder dann irrsinnig viel üben müssen – aber in Wahrheit muss man die Kinder so nehmen, wie sie sind. Also sie nicht zum täglichen vierstündigen Üben zwingen, sondern eher spielerisch und mit Lust an die Musik und an das Instrument heranführen. Manche machen sich da zu viel Stress. Es bringt nichts, Kinder wie Maschinen z.B. Etüden aus der Romantik üben zu lassen, wenn sie das im Grunde nicht interessiert.
Um ein wenig über deinen privaten Hintergrund zu sprechen: Hier im 6. ist dein Studio – aber du wohnst ja woanders.
Im 21. Bezirk in einem Genossenschaftsreihenhaus in Stammersdorf.
Du und deine Frau und deine zwei Söhne – warum seid ihr eigentlich rausgezogen?
Es hat dort Wohnungen gegeben, die erschwinglich waren. Speziell damals wurden im 21. viele Genossenschaftswohnungen gebaut – und wir haben ein Kinderzimmer gebraucht und eine größere Wohnung. Und die Chance auf einen kleinen Garten war in der Peripherie auch höher.
Wie kommst du täglich in die Arbeit? Mit dem Auto?
Nein, ich fahre zu 99 % öffentlich. Mit dem 31er, dann der S-Bahn und der U-Bahn. Je nach Wartezeit bei zweimaligem Umsteigen dauert das zwischen 40 und 60 Minuten. Das ist für die Entfernung eigentlich ganz gut. Teilstücke fahre ich aber auch manchmal im Sommer mit dem Fahrrad. Mit dem Auto dauerts – speziell im Winter in der Früh – oft sogar länger. Das ist unattraktiv. Von dort in die Stadt fahren auch die meisten andere öffentlich.
Was sind die Vorteile, draußen bei euch zu wohnen?
Einige! Zum Beispiel haben wir keinen Verkehrslärm. Man kann in der Nacht die Fenster offen lassen – und auch klimatisch ist es besser, weils bei uns einfach im Durchschnitt drei bis vier Grad weniger hat als im Zentrum. Die Tropennächte sind bei uns definitiv seltener. Und infrastrukturell – zum Beispiel bei der Schulanmeldung meiner Söhne haben wir das bemerkt – ist das sehr gut erschlossen. Plätze kriegt man relativ locker. Die Gemeinde kümmert sich sehr um solche Sachen. So wie wir wohnen, haben wir die Vorteile vom Leben am Land, kombiniert mit der Wiener Infrastruktur. Das gibts dann z.B. in Gerasdorf nicht mehr so, da ist dann plötzlich nichts mehr – und jede Familie braucht zwei Autos.
Klar, wegen Arbeit, Schule und Familie lebt ihr in Wien. Aber wenn du frei entscheiden könntest, wo würdest duam liebsten leben? Stadt, Dorf oder  anderes Land?
Ich bin in Italien aufgewachsen und hatte als Jugendlicher starke Verbindungen dorthin, ich bin auch zweisprachig aufgewachsen. Und vom Lebensstil her könnte ich mir das durchaus vorstellen, dort zu leben – aber derzeit ist das aus vielen Gründen wenig interessant. Und in Österreich find ichs eigentlich überall ganz nett. Wichtig ist, dass man schnell draußen ist und andere Musiker für Bands oder Projekte findet.
Mit zwei Söhnen im schulpflichtigen Alter hat man auch privat gut zu tun. Wie managt man den Alltag, wie bekommt man Beruf, Schule und Freizeit unter einen Hut?
Der Jüngere kommt in die erste Klasse Gymnasium, der Größere in die vierte. Wir haben sicher Abstriche machen müssen – beruflicher Natur. Also ziemlich, muss ich sagen. Wir teilen uns das ganz gut auf: Ich bin vormittags für die beiden zuständig, am Nachmittag hab ich dann Zeit für die Arbeit, weil meine Frau übernimmt. Sie ist ja auch berufstätig und deswegen müssen wir uns das aufteilen. Und wenn einer nicht in die Schule geht, dann wirds natürlich lustig. So Dinge wie schulautonome Herbstferien werden zur Herausforderung.
Drehen wir die Zeit ein wenig zurück. Bevor die Kinder da waren, bist du als Musiker abends sicher oft in Clubs unterwegs gewesen …
Naja, als Theatermusiker gings meistens von 20.00 bis 22.00 Uhr – und natürlich am Vormittag die Proben und am Nachmittag unterrichten. Seit ich die Kinder habe, fällt quasi die Arbeit am Abend weg. Das geht nicht anders.
Die meisten jüngeren Leute können sich ja gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn man Kinder hat.
Ja, das ist ein Einschnitt. Der aber wichtig ist, sonst sterben wir aus … er lacht.
Es ändert sich brutal viel, man kann nicht mehr beliebig viel arbeiten, speziell am Wochenende nicht. Früher hatte ich oft eine 80 Stundenwoche – das spielts so natürlich jetzt nicht. Man muss versuchen, den Job eher wie eine klassische 40-Stunden-Anstellung zu organisieren. Aber jetzt mit meinen schon etwas größeren Buben wirds auch schon leichter, das bemerk ich ganz deutlich.
Aber allein das tägliche Essen – für vier Leute zu kochen ist ja nicht immer lustig.
Die Lebensmittelbeschaffung – das Kochen ist da schon gar nicht mehr so arg – ist ein Wahnsinn. Jetzt im Sommer mach das ich, ich fahr jeden Tag einkaufen. Meine Frau schleppt dann am Wochenende regelmäßig die zusätzlichen Einkäufe. Mit heranwachsenden, dauerhungrigen jungen Männern ist das so eine Sache … Wir haben einen kleinen Lieferwagen, der wird dann bis unters Dach mit Lebensmitteln angefüllt – und dann ist der Kühlschrank erst wieder leer, das ist ein Phänomen.
Die Frage nach Hobbys und Freizeit stellen wir jetzt aus Pietät nicht, oder sollen wir?
Nein, also Fortgehen tun wir nicht. Ich bin schon froh, wenn ich mir mein berufsbedingtes Fortgehen zeitlich wieder leisten kann. Manchmal gehen wir alle zum Heurigen, am liebsten ganz am Land draußen. Wir haben aber auch einen kleinen Weingarten bei Wolkersdorf, dort sind wir sehr oft am Wochenende – da haben wir das Heurigen-Feeling selber.
Ein Weingarten, wenn man ihn ernst nimmt, ist ja schon ein Hobby für sich.
Ja, wobei wir nur die Trauben zur Verfügung stellen – produziert wird der Wein von einem befreundeten Winzer. Aber Wein aufzuziehen und zu pflegen ist ja auch nicht so ohne. Dienstags etwa fang ich meistens um acht im Garten an, bin bis Mittag Landwirt und am Nachmittag und Abend dann mit der Gitarre unterwegs, gegen drei komm ich ins Bett. Der Tag fängt also mit Landwirtschaft an und endet im Musik-Club.
Ein schöner Satz für die Headline! Aber abgesehen vom Weingarten, hast du ein liebstes Fleckerl in Wien?
Es ist angenehm, manchmal mitten in der Stadt herumzuflanieren. Ich geh mit meiner Mutter gern durch die Favoritenstraße, dort ist es lebendig. Eigentlich ist Wien eine nette Stadt …
Und wo macht ihr Urlaub? Wo wärs perfekt?
Meine Frau hat ein Jahr in Griechenland studiert – und daher haben wir dorthin Kontakte und auch oft dort geurlaubt, so wie letztes Jahr am Südpeloponnes. Das ist natürlich traumhaft, hat sich aber mit dem Weingarten geändert. Wenn wir jetzt an Griechenland denken, sagen wir uns oft: „Aber im Garten wärs auch schön“, auch angesichts der klimatischen Bedingungen. Aber grundsätzlich lieben wir Griechenland und die Griechen – auch unsere Buben sind gern dort.
Letzte Frage: Was ist das schönste Stück Musik, das je komponiert wurde?
Nein, keine Ahnung. Die schönste Musik gibts so nicht. Naja, obwohl … er denkt lange nach …
Naja, ich glaube, dass Mozart seine Genialität sehr effektiv eingesetzt hat.

 

 

 

Tipps zum Thema:

 

PLAYLIST
Gitarristen, die man sich wirklich anhören kann
Ob Klassik, Jazz, Pop oder Rock – die Gitarre ist zu allen Zeiten in allen Musik-Stilen zuhause. Hier eine Auswahl an zehn hervorragenden Gitarristen mit ihren vielleicht besten Alben.

JAZZ:
Django Reinhard & Le Quintette du Hot Club de France
John McLaughlin: Extrapolation
John Scofield: Blue Matter
George Benson: White Rabbit

ROCK, POP:
Eric Clapton: 24 Nights
Jimi Hendrix: Axis bold as Love
John Mayer: Continuum

KLASSIK:
Paco de Lucia: Concierto de Aranjuez
John Williams: Spanish Guitar Music
Pepe Romero: Plays Bach

 


 

IT MIGHT GET LOUD
Jam-Sessions in Wien
Jam-Sessions aller Stile sind beliebt wie nie zuvor – ganz egal, ob man selber mitspielt oder als Zuhörer einen abwechslungsreichen Musikabend genießen will.
WO IN WIEN? ZUM BEISPIEL HIER:

  • Cafe Concerto, jeden Dienstag um 21.00 Uhr – Lerchenfelder Gürtel 53, 1160 Wien
  • Tunnel Vienna Live, Open Stage jeden zweiten Dienstag – Florianigasse 39, 1080 Wien
  • Weberknecht, jeden Sonntag um 21.00 Uhr – Lerchenfelder Gürtel 47–49, 1160 Wien
  • Celeste Jazz-Keller, Improvisation jeden Montag ab 21.00 Uhr – Hamburgerstraße 18, 1050 Wien

 


 

WANDERN, EINKEHREN, AUSBLICKEN
Wiener Weinwandertag

Eine ausgewiesene Weinstraße gibt es in Wien nicht. Aber gäbe es sie, wäre sie lang: von Mauer bis zum Bisamberg. Und einmal im Jahr lädt die Stadt und ihre Winzer zum traditionellen Weinwandertag. Auf drei Routen und insgesamt 25 Kilometern Länge kredenzen die ansässigen Weinbauern ihre aktuellen Saft-, Sturm- und Wein-Kreationen. Dabei zahlt es sich aus, nicht allzu tief ins Glas zu blicken, sondern auch
die grandiose Aussicht auf die Stadt zu genießen. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter am 29. und 30.9.2018 gut ist.
Infos auf: www.wienerwein.at

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