DIE ZUKUNFT DER STADT
Wie werden wir leben und wohnen?
Eine Stadt ist nicht nur die Summe aus Menschen, Gebäuden, Verkehrs- und Warenströmen. Speziell eine Großstadt kann man auch als einen Organismus verstehen, der eine Geschichte hat, der lebt, der eine Zukunft hat. Und weil sich die Herausforderungen einer Stadt ändern, sich sogar sehr schnell ändern können, muss ihre Zukunft prognostiziert und gestaltet werden. Werfen wir einen Blick in die möglichen Lebenswelten der Stadt von morgen! Wie werden Menschen wohnen, leben, lernen und arbeiten? Wie werden sie sich in ihrem Umfeld bewegen und was in ihrer Freizeit machen?
Derzeit leben 50 % der Weltbevölkerung auf 2 % der Weltoberfläche – also in Städten. In 30 Jahren soll der Anteil an Stadtbevölkerung sogar auf 75 % anwachsen. Soziales Leben, kurze Wege, Arbeit, Kultur, Bildung und ausreichend Infrastruktur sind wohl die stärksten Gründe für das Zusammenleben in großen Ballungsräumen. Demgegenüber stehen Nachteile wie Umweltverschmutzung, Interessenskonflikte, Platzknappheit, Lärm und Stress. Es braucht also Visionen, Innovationsfreude und Lösungskompetenz bei der Stadt- und Wohnraumplanung, um unsere Städte der Zukunft trotz Wachstum lebenswerter zu machen bzw. lebenswert zu erhalten.
Smart City und intelligente Wohnumgebungen
Aufgrund zunehmender Ressourcenknappheit bei gleichzeitig rasanter Entwicklung in der Informations- und Kommunikationstechnologie ist das Konzept der Smart City seit rund zehn Jahren aus der nachhaltigen Stadtentwicklung nicht mehr wegzudenken. Dabei geht es um das Erfassen und die gleichzeitige Verarbeitung von Daten (Umwelt, Bauten, Verkehr, Strom- und Wasser-Leitungen …). Daraus können wichtige Anhaltspunkte für Steuerungen der Infrastruktur abgeleitet werden – zum Beispiel: Wann muss der Verkehr umgeleitet werden, wo droht Energie- und Wasserknappheit, wo gibt es Überschüsse, welcher technische Defekt droht wo, wohin müssen Einsatzkräfte entsendet werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, usw. Aber auch in den Wohnungen selbst werden intelligente Systeme vermehrt zum Einsatz kommen – und damit ist nicht das Nachbestellen der Milch gemeint, wenn im Kühlschrank keine mehr ist. Es geht um viel mehr – zum Beispiel bei der sogenannten Wohnraumrobotik. Da der verfügbare Platz immer geringer wird, muss man sich überlegen, wie man den knappen Wohnraum so intelligent wie möglich nutzt, um hohe Lebensqualität zu erzielen. So können etwa in einer Wohnung einer Kleinfamilie Räume an unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Nutzungen zulassen. Aus der Küche wird auf Knopfdruck der Arbeitsraum, aus dem Wohnzimmer der Schlafraum – allein durch flexibles Verschieben der Wände und alternative Nutzung der Möbel und Einrichtungs-Gegenstände. Die verschiedenen Modi werden eingespeichert und könnenper Kopfdruck aktiviert werden – genauso wie die jeweils dazupassende Lichtstimmung (ambient intelligence). Ein intelligentes Wohnsystem kann aber auch per App von unterwegs gesteuert werden und so die Heizung geregelt, die Jalousien betätigt, das Licht angeschaltet, der Wecker umprogrammiert, das Alarmsystem aktiviert werden – es könnte aber auch den Kindern den Zugang zur Wohnung ermöglichen, wenn sie schon wieder den Schlüssel bei der Oma vergessen haben.
Das Leben am Land in der Stadt
Wenn zusätzlicher Wohnraum in der Stadt benötigt wird, reagiert man darauf zumeist mit Nachverdichtung bestehender Siedlungsräume, dem Bauen in die Höhe (hier wird dem Baustoff Holz eine besondere Rolle zukommen) oder dem Wohnen in grünen Oasen – einer Wohnform, die auch in Wien immer beliebter wird. Speziell in wenig genutzten Kleingartensiedlungen bieten es sich an – unter Berücksichtigung der Bauauflagen – in ganzjährig nutzbaren Massivhäusern zu leben. Die andere Möglichkeit ist, auf ehemaligen Industrievierteln und Verkehrsflächen neue, großzügige Gartensiedlungen zu errichten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Nahe den Stadtzentren und angebunden an das öffentliche Verkehrsnetz kann man die Ruhe und Abgeschiedenheit des Landlebens genießen. Zugleich bietet der eigene Garten zumindest teilweise die Möglichkeit der Selbstversorgung. Viele dieser Häuser streben eher in den Boden als nach oben, entstehen in Niedrigenergiebauweise, besitzen Erdwärmepumpen und Solarzellen. In den dichter verbauten Teilen der Stadt ist hingegen die sogenannte green infrastructure der Trend der Zukunft. Neben Dachgärten, vertikalen Begrünungen an den Fassaden und Gemeinschaftsgärten wird immer mehr in Renaturalisierung (z.B. bei Flussbetten), Parkbegrünung und urbane Wasseraufbereitungskonzepte investiert. Ziel ist, ein ländliches Klima inmitten der Großstadt zu etablieren. Die Luft wird natürlich gefiltert, Temperatur und Feuchtigkeit ganz ohne Einsatz von Technik reguliert – sogar Schimmelpilze und Bakterien können so bekämpft werden. Neben diesen positiven Auswirkungen der grünen Infrastruktur kommt auch ein ganz anderer Aspekt zum Tragen: Je mehr Menschen im Grünen leben, desto weniger müssen sie sich ins Auto setzen, um ins Grüne zu kommen. Und weniger Autoverkehr begünstigt wiederum das Stadtklima und die gesamte Raumverteilung in den dicht gedrängten Zentren.