Die Zukunft der Stadt:
Was werden wir in Zukunft mit unserer Freizeit machen?
Eine Stadt ist nicht nur die Summe aus Menschen, Gebäuden, Verkehrs- und Warenströmen. Speziell eine Großstadt kann man auch als einen Organismus verstehen, der eine Geschichte hat, der lebt, der eine Zukunft hat. Und weil sich die Herausforderungen einer Stadt ändern, sich sogar sehr schnell ändern können, muss ihre Zukunft prognostiziert und gestaltet werden. Werfen wir einen Blick in die möglichen Lebenswelten der Stadt von morgen! Wie werden Menschen wohnen, leben, lernen und arbeiten? Wie werden sie sich in ihrem Umfeld bewegen und was in ihrer Freizeit machen?
In Österreich hat ein Mensch unter der Woche täglich durchschnittlich viereinhalb Stunden freie Zeit zur Verfügung – am Wochenende dementsprechend mehr. Und dieses Budget an Freizeit hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch erhöht. Durch die Reduktion der Arbeitszeit bei gleichzeitig höherer Lebenserwartung haben wir uns im 20. Jahrhundert einem Rekordwert genähert: Fast 90 % unserer Lebenszeit verbringen wir außerhalb des beruflichen Bereiches. Und was machen Herr und Frau Österreicher in der Freizeit am liebsten? Sie sehen (immer noch) fern! Nämlich immerhin 87 % – und sie machen das laut eigenen Angaben mehrmals in der Woche, durchschnittlich zwei Stunden am Tag. Am zweithäufigsten wird als beliebte Freizeitaktivität „Sport“ angegeben – wobei Sport hier „Bewegung“ bedeutet und somit Spazieren, Radfahren, Schwimmen, Laufen oder Skifahren miteinschließt. Fast 30 Minuten täglich – und am Wochenende sogar 45 Minuten – widmen wir im Schnitt unserem Bewegungsdrang. Bei Jugendlichen zwischen 10 und 19 ist hingegen der Trend zu Videospielen zu beobachten – jetzt schon werden täglich eineinhalb Stunden vor Smartphones oder Spiel-Konsolen mit Videogames verbracht. Der Konsum von Printmedien, Radio, Büchern sowie das ehemals beliebte Basteln und Sammeln nehmen immer weiter ab.
Zukunft im Plural: Wenn aus Freizeit Freizeiten werden
Was den Blick in die Zukunft der Freizeitgestaltung schwierig macht, ist die Individualisierung, die stärker werdende Mobilität und die Digitalisierung der Gesellschaft. Konnte man früher je nach Alter, Einkommenssituation, Zeitbudget und Geschlecht relativ klar auf die jeweilige Freizeitgestaltung schließen, so ist das heute und in Zukunft nur schwer möglich. Welcher über 50-Jährige war vor 20 Jahren rollschuhfahren? Jetzt geht er allein oder mit einer Gruppe Gleichgesinnter begeistert skaten. Genauso wie eine 12-jährige Gymnasiastin nach der Schule nicht unbedingt zum Reiten geht oder zum Violinunterricht, sondern sich in einem WLAN-Café über ihr Smartphone einen Sprach Schnellkurs in Koreanisch „reinzieht“. Warum? Weil es geht!
Die Freizeit wird digital – oder das genaue Gegenteil
Experten gehen davon aus, dass der Megatrend im Freizeitverhalten ein bewusster, selbstbestimmter und subjektiv befriedigender Umgang mit der Lebenszeit sein wird. Das kann lebenslanges Lernen auch abseits von Bildungseinrichtungen sein – z.B. mit dem Tablet auf der Almhütte oder am Strand –, aber auch das ganz bewusste Abschalten jeglicher elektronischer Geräte, wie es heute schon unter dem Begriff „Digital Detox“ geschieht. Die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten für die Freizeit schließt auch ein, sie ganz bewusst nicht zu gestalten: „Jomo – the joy of missing out“ ist ein Phänomen, das neu ist, stärker wird und den aktiven Verzicht preist. Das Konzept lautet: Ich mache nichts! Gar nichts. Andererseits schließt eine lebenswerte Freizeit auch digital-sportliche Aktivitäten ein, die via Online-Plattformen und Fitness-Apps aufgezeichnet und mit den Trainingspartnern in virtuellen Gruppen geteilt werden. Genauso wie der Stadionbesuch am Samstagnachmittag in ein virtuelles Stadion (z.B. mit digitalen Brillen am Sofa mit Freunden) verlagert werden kann. Die Verschmelzung von Sport und Entertainment wird zunehmen – man kann das jetzt schon an dem Trend „e-Sport“ ablesen, wo bereits Weltmeisterschaften mit der Konsole und am Bildschirm ausgetragen werden. Die Frage, ob es auch e-Olympische Spiele geben wird, ist vermutlich eine Frage der Zeit. Immerhin rüsten Sportvereine schon auf und haben, wie zum Beispiel Bayern München, eine e-Fußball-Sektion gegründet. Glaubt man Studien, kann man aber aus heutiger Sicht zusammenfassend auf jeden Fall sagen: In der Freizeit werden sich viele Menschen (aktiv oder passiv) dem Sport widmen, sich intensiv mit den neuen Technologien beschäftigen und in virtuellen Welten leben. Viele werden sich einer ganz anderen Richtung zuwenden und sich der Entschleunigung hingeben und bewusste, nachhaltige Freizeitgestaltung schätzen. Klar ist auch, dass sich die Lebensstile der Menschen – und damit auch ihr Freizeitverhalten – nie radikal abrupt verändern, sondern diese Prozesse langsam und möglicherweise im Moment fast unbemerkt stattfinden.