Na Prost!
Über die Geschichte vom Wein in Wien.
„Der Herrgott muss ein Wiener sein“ erfährt man aus einer verlässlichen Quelle, dem Wienerlied. Und auch dass die Engerl auf Urlaub nach „Wean“ kommen, gibt’s da zu hören. Kein Wunder – ist doch der Wiener Heurige ein göttlicher Ort, um dem Alltag zu entfliehen. Seit wann aber wird in Wien Wein angebaut? Und wie hat sich der Heurige im Laufe der Zeit verändert? FAIRliving hat sich auf eine historische Spurensuche begeben …
Vielleicht haben Sie schon einen Heurigen in der Probusgasse in Grinzing besucht. Aber wussten Sie, dass der Name auf den römischen Kaiser Probus zurückgeht? Er ließ angeblich Weingärten in Wien durch seine Truppen anlegen, um die Versorgung der römischen Legionen zu sichern.
Im Mittelalter konzentrierte sich der Weinbau rund um die Kirchen und Klöster, die das Land oftmals an Bauern verpachteten. Schon damals gab es in Wien Vorläufer von Weinschenken in den Lucken vor der Ringmauer – Wein wurde bis unmittelbar vor die Stadtmauern angebaut, zum Beispiel in der Laimgrube, am Rennweg oder am Alsergrund. Die Tradition, zum Kennzeichnen der Weinschenken einen Föhrenbuschen über dem Tor anzubringen, ist auf Karl den Großen (742 – 814) zurückzuführen.
Raus aus der Stadt
Der „Heurige“, so wie man ihn heute kennt, existiert seit einer Verordnung von Joseph II. 1784, die es den Weinhauern erlaubte, Wein und Obstmost auszuschenken bzw. selbst erzeugte Lebensmittel wie Nüsse zu verkaufen. Schon damals bewarb zum Beispiel das Gasthaus „Zum weißen Ochsen“ aus Neulerchenfeld in der Wiener Zeitung „heurigen Wein“. Nach wie vor aber gilt: Der Wein wird nach Martini am 11. November des nächsten Jahres zum „Alten“.
Ab dem Vormärz und dem Aufkommen von erschwinglichen Verkehrsmitteln konnte die städtische Bevölkerung auch vor dem Linienwall gelegene Vororte aufsuchen. Als ab 1829 am Linienwall die Verzehrungssteuer eingehoben wurde, war der Preis ein weiterer Anreiz, Lokale in den Vororten aufzusuchen – zusätzlich zum in der Biedermeierzeit aufkommenden Naturbewusstsein.
Von Quantität zu Qualität
Heute findet man beim Heurigen sogar gelagerte, prämierte Prädikatsweine und auch an den Buffets erwartet die Gäste mittlerweile ein reichhaltiges Spezialitätenangebot. Für frühere Generationen spielte jedoch vor allem die Quantität eine Rolle, und nicht zufällig wird der Wein für den Gassenverkauf nach wie vor in Dopplern abgefüllt – war das doch früher der durchschnittliche Tagesbedarf der Menschen. Damals lebten die Heurigen noch ausschließlich vom Weinverkauf und die Speisen wurden von den Gästen mitgebracht. Bis vor 20 Jahren war es durchaus üblich, die Verpflegung im „Heurigenpackerl“ mitzunehmen. 1887 durfte erstmals Brot in Buschenschanken verkauft werden. Übrigens soll der Brauch, beim Heurigen mit den Fingern zu essen, der Grund für die Erfindung des typischen Henkelglases sein – damit man die fettigen Abdrücke nicht so sieht.
Schrammelmusik
Die typische Heurigen-Musik wurde von den 1850 und 1852 geborenen Brüdern Johann und Josef Schrammel kreiert. Sie traten mit ihrem Quartett, das aus zwei Geigen, einer Klarinette und einer Gitarre bestand, als die „Nussdorfer“ auf und schrieben Wiener Lieder, die heute noch beim Heurigen gesungen werden.
Neue Weinkultur
Im vergangenen Jahrzehnt hat sich das Image des Wiener Weins nochmals geändert. Visionäre, innovative Winzer haben den Paradewein der Stadt neu interpretiert und damit den Sprung auf die Weinkarten der Gourmetrestaurants geschafft. Der „Gemischte Satz“ zählt seither auch zu den international anerkannten klassischen Weinen Österreichs.
Übrigens: Die besten und interessantesten Heurigen finden Sie hier:
www.fairliving-blog.at/heurigen-herbst/