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Wien, wie es singt. Eine Reise durch eine klangvolle Welt.

Es soll ja Wienerinnen und Wiener geben, die noch nie in der Staatsoper waren. Und gar solche, die dem Musiktheater skeptisch gegenüberstehen. Dabei gehört die Oper – also sowohl das Haus als auch die Kunstform – wie Fiaker, Kaffeehaus und Walzer zu Wien. Und das, obwohl sie in Italien erfunden wurde. Sogar ein exaktes Jahr findet sich in den Büchern der Historiker: 1594 soll es gewesen sein, als in Florenz die Uraufführung von „La Dafne“ den Grundstein für eine neue, repräsentative Kunstform legte.

Von Italien nach Wien
1626 kam man dann auch in Wien auf den Geschmack, und Schaustücke mit Ballett und Musik begeisterten den kunstsinnigen Adel. Und so kam es, dass nicht nur italienische Komponisten wie Monteverdi oder Cavalli Opern schrieben. Auch einige waschechte Kaiser wie Ferdinand III., Leopold I., Joseph I. oder Karl VI. griffen zum Notenpapier und schufen eigene Werke. Der Sprung vom höfischen zum bürgerlichen Vergnügen wurde im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gemacht. Das Wiener Singspiel mit seinem „Vater“ Emanuel Schikaneder fand breiten Anklang. Ebenso die Werke von Mozart, der als eine Art Gegenpol zur bis dahin alles dominierenden italienischen Oper stand. Und so kam es, dass auch außerhalb der Hauptstadt Wien neue Opernhäuser in Linz, Innsbruck und Klagenfurt entstanden, um die große Begeisterung des Publikums auch weiterzutragen und am Leben zu erhalten.

Erste Opernhäuser
Im Zentrum war allerdings immer noch Wien. Und so entstanden hier zunächst zwei Häuser, die als Vorläufer der heutigen Staatsoper gelten: das Theater am Kärntnertor und vor allem das alte Burgtheater am Michaelertor, das auch als die Wiege des Theaters in Wien gilt (siehe FAIRliving 02/2020). Das neue Gebäude der Hofoper, das wir heute als Die Wiener Staatsoper kennen, wurde 1860 als Teil der neuen Ringstraße ausgeschrieben. Geplant wurde es von den Wiener Architekten August Sicard von Sicardsburg, der den Grundplan entwarf, und Eduard van der Nüll, der die Innendekoration gestaltete. Moritz von Schwind malte die Fresken im Foyer und in der Loggia. Tragischerweise erlebten die beiden Architekten die Eröffnung ihres Opernhauses nicht mehr. Van der Nüll beging Selbstmord, sein Freund Sicardsburg erlag wenig später einem Schlaganfall.

Eröffnung der Staatsoper
Am 25. Mai 1869 wurde das Haus mit Mozarts „Don Giovanni“ in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth feierlich eröffnet. Es folgten glorreiche Jahrzehnte, in denen auch die Popularität des Bauwerkes größer wurde. Einen ersten Höhepunkt erlebte die Wiener Oper unter dem Direktor Gustav Mahler, der zwischen 1897 und 1907 das veraltete Aufführungssystem von Grund auf erneuerte und auch keine Konflikte scheute.
Am 12. März 1945 verwüsteten Bombentreffer das Haus am Ring, doch bereits am 1. Mai 1945 fand man einen Weg, die zu dieser Zeit so wichtige Kunst am Leben zu erhalten: Die „Staatsoper in der Volksoper“ wurde mit einer Aufführung von Mozarts „La nozze di Figaro“ eröffnet. Auch das Theater an der Wien wurde als Ersatzquartier genutzt. Damit gab es für die nächsten zehn Jahre zwei Spielstätten, während das eigentliche Stammhaus mit großem Aufwand wiedererrichtet wurde. Mit neuem Zuschauerraum und modernisierter Technik wurde die Wiener Staatsoper mit Beethovens „Fidelio“ unter Karl Böhm am 5. November 1955 glanzvoll wiedereröffnet.

Der Ball der Bälle
Ein Abend im Jahr ist für Wien und die Staatsoper in vielerlei Hinsicht besonders. Noch ein wenig feierlicher, noch einen Hauch glänzender und weltweit noch mehr beachtet als reguläre Vorstellungen: der Wiener Opernball. Seit 1814 Künstlerinnen und Künstler eine
Tanzveranstaltung für die Teilnehmer des Wiener Kongresses organisierten, ist dieser Ball der Künstler mit der Zeit zu einer Institution geworden. 1877 zum ersten Mal am heutigen Ort und 1935 zum ersten Mal unter dem Namen „Opernball“ gefeiert, ist er Treffpunkt, Sehnsuchtsort, Gesprächsstoff und Zusammenfassung dessen, was Wiener Ballkultur ausmacht. Unterschiedliche Organisatorinnen haben ihn geprägt und ihm ein Gesicht gegeben: zum Beispiel Lotte Tobisch, Elisabeth Gürtler oder Desirée Treichl-Stürgkh. 2021 wird der Opernball aufgrund der COVID-Bestimmungen nicht durchgeführt. Eine Pause, die dem neuen Staatsoperndirektor Bogdan Roscic auch Gelegenheit gibt, dem Ball neue Impulse zu geben.

Nachwuchs begeistern
Neu sind auch viele andere Ideen, die der streitbare Geist einbringen und umsetzen will. Im Fokus steht dabei die Jugend. Sie will Roscic wieder mehr für die Welt der Oper begeistern. Konkret etwa durch Öffnung der Generalproben für Besucherinnen und Besucher unter 27 Jahren. Oder durch das Jugendclub-Projekt #utopera, bei dem Kinder und Jugendliche Wünsche, Träume und Hoffnungen in der Welt von morgen erforschen. Und zwar singend und tanzend in interdisziplinären Laborprojekten gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern der Wiener Staatsoper und des Wiener Staatsballetts. Diese partizipative Jugendarbeit der Wiener Staatsoper im Kulturhaus Brotfabrik ist ein zentrales Element in den Plänen zur Verjüngung des eigenen Publikums. „Das Feuer und die Leidenschaft für die Oper muss früh und aktiv entfacht werden“, ist sich der neue Direktor sicher.
Auch ein paar Gehminuten entfernt, in der Volksoper, achtet man sehr darauf, ein attraktives Angebot für junge Menschen anzubieten. Neben einem familienkompatiblen Spielplan mit Werken wie „König Karotte“, „Die Zauberflöte“, „Das Gespenst von Canterville“ oder „Der Zauberer von Oz“ gibt es auch sehr viele Aktionen rund um die Vorstellungen. So zum Beispiel Workshops für vier verschiedene Altersgruppen, eigene Newcomer-Vorstellungen für Jugendliche, bei denen die Stücke ausführlich vor- und nachbetrachtet werden, oder die JungeVolksoper@home, wo digitale und analoge Welt zusammengeführt werden, um Interesse zu wecken und zu vertiefen. Es fällt sehr positiv auf, wie engagiert und vielfältig um die Gunst der Jungen geworben wird, die in den kommenden Jahrzehnten zum Stammpublikum werden sollen.

Der Opernführer der Nation
So wie einst einer, der es vom jugendlichen Dauerbesucher des Stehparterres der Staatsoper bis zur Legende des Opernwissens und zum Opernerklärer der Nation geschafft hat: Marcel Prawy. Am Beginn stand eine Begegnung mit dem großen Tenor Jan Kiepura. Dieser spürte die Begeisterung des jungen Mannes und machte Prawy zu seinem Privatsekretär. 1938 entkamen Kiepura, seine Frau Marta Eggerth und Prawy gemeinsam der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und emigrierten rechtzeitig in die USA. Nach dem Krieg kehrte Prawy zurück. Er arbeitete als Schallplattenproduzent und organisierte Musikabende im Wiener Kosmos-Kino. Mitte der 1950er-Jahre brachte er – mittlerweile zum Chefdramaturgen der Volksoper aufgestiegen – das Musical nach Wien. Diese Gattung des Musiktheaters war damals neu in Europa. Und sie war umstritten. Denn viele befürchteten, dass durch das amerikanische Musical die traditionelle Operette verdrängt werden könnte. Wie man heute weiß, eine unberechtigte Sorge. Durch seine Freundschaft mit Leonard Bernstein holte er Klassiker wie die „West Side Story“ erstmals in deutscher Sprache nach Wien und schenkte so dem Genre des Musiktheaters eine neue Facette.
Nach diesem kurzen Streifzug durch die Klänge dieser Stadt wird wieder klar: Das Musiktheater in Wien ist reich an Tradition, kreativer Energie und Enthusiasmus. Es bietet höchstes Niveau der unterschiedlichsten Gattungen von Ballett über Oper bis zum Musical. Große Klassiker und moderne Avantgarde sind hier an vielen Orten zu sehen und zu hören. Öffnen Sie Augen und Ohren für diesen Genuss. Ihr Herz wird es Ihnen danken!

Wer in Beethovens „Fidelio“ reinhören und mehr über die Hintergründe des Stücks erfahren möchte, hier das Video von der Einführungsmatinee an der Wiener Staatsoper:

Inspirationen

Prawy erzählt
Marcel Prawy wächst wohlbehütet auf, bis die Familie zerbricht. Vor häuslichen Problemen flüchtet er in die Oper, der seine erste große Liebe gilt. In diesem Buch erzählt er seine berührende Geschichte.
Marcel Prawy erzählt aus seinem Leben
Verlag Kremayr & Scheriau

Junge Volksoper Workshops
Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 18 Jahren lernen Sängerinnen und Sänger persönlich kennen, musizieren gemeinsam mit dem Orchester, schnuppern in die Kostüm- und Maskenabteilung hinein, spielen Theater, singen, tanzen und werden selbst kreativ tätig. Details zu aktuellen Terminen auf www.volksoper.at

Seitenblicke auf den Opernball
Christoph Wagner-Trenkwitz ist seit vielen Jahren – gemeinsam mit Karl Hohenlohe – die Stimme des Opernballs im TV. Wer, wenn nicht er, sollte ein Buch über den Ball der Bälle schreiben, das voller Seiten-, Ein- und Ausblicke auf dieses vielbeachtete Ereignis steckt? Alles Walzer. Der Opernball von A bis Z
Amalthea Signum Verlag

Foto: Johannes Ifkovits

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