WAS WURDE AUS … der Seestadt Aspern?
Ein Zwischenbericht
Die Entwicklung von einem ganzen Stadtteil ist immer ein sehr langfristiges Projekt. Speziell am Beginn solcher Mammutaufgaben erfahren sie große mediale Aufmerksamkeit – aber schon nach kurzer Zeit hört man weniger, obwohl sie unablässig voranschreiten. In unserer neuen Reihe „Was wurde aus …“ berichten wir über den aktuellen Stand der großen Wiener Stadtentwicklungsprojekte. Diesmal geht es um die Seestadt Aspern.
Zug fährt ab! Kurz nachdem sich die Türen in der vorletzten Station der U2 in Richtung Seestadt geschlossen haben, zieht die U-Bahn einen ausladenden Bogen nach Süden und rattert durch eine riesige Fläche brachliegenden Landes. Langsam nähert sie sich der Skyline einer kleinen Stadt, die es vor wenigen Jahren noch nicht gab – einer Stadt, die gerade inmitten eines großen Feldes im Bezirk Donaustadt entsteht: die Seestadt Aspern.
Dem Werden einer Stadt zusehen
Seit mittlerweile acht Jahren wird hier – am Gelände des ehemaligen Flugfeldes Aspern – an einem der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas gebaut. Die erste Bauphase umfasst den Süd-Westteil der Stadt – und sie ist praktisch abgeschlossen. Schon jetzt leben hier über 6.000 Einwohner. Es sind Pioniere, die in brandneuen Wohnungen wohnen, die die 120 bisher angesiedelten Betriebe nutzen und am Leben erhalten, die sich abends in den Lokalen im neuen Stadtkern treffen oder durch den großen Park beim See schlendern. Es zahlt sich aus, sie zu besuchen und dabei einen Eindruck zu bekommen, wie eine moderne Stadt aus dem Nichts entsteht – und wie sie langsam mit Leben erfüllt wird.
Infrastruktur, Freizeit und Mobilität
Das planerische Grundkonzept war die Durchmischung der Seestadt mit vielen Funktionen. Um eine reine „Schlafstadt“ zu vermeiden, sollten hier nicht nur Betriebe und Wohnungen errichtet werden – sondern eine durchgehende Belebung erfolgen. Und so tut sich schon heute einiges rund um die geografische Mitte, den fast fünf Hektar großen See: Die große Einkaufsstraße (Maria-Tusch-Straße) bietet alles, was man braucht, um gut versorgt zu sein: Lebensmittelhandel, Drogerie, Bäckerei, Buchhandlung, Trafik, Friseur, Gastronomie, Reisebüro, Handyshop, Bank, Versicherung – ebenso wie diverse Arztpraxen und Polizei. Jeden Freitag gibts am Seestädter Wochenmarkt Köstlichkeiten aus der Region. Es wurden Hundezonen, Gemeinschaftsgärten und multifunktionale Sportstätten – unter anderem eine BMX-Bahn – errichtet. Auch kulturell tut sich was in der Seestadt: Das Seestadtradio ist ein unabhängiger Mitmach-Radiosender, der Infos, News und Musikprogramm sendet. Das Urban Lakeside Festival begeistert seit 2014 jedes Jahr mit abwechslungsreichen Gigs – und im Sommer gibt es Open-Air-Kino. Eine Reihe von Nachbarschafts-Initiativen beleben die noch junge Gemeinschaft: Das Nachbarschaftsregal ist eine Börse des Meinungs-, Ideen- und Gedankenaustausches geworden. Beim Kräuterstammtisch werden Erfahrungen zum Sammeln und Verarbeiten von Wildkräutern weitergegeben. Und beim Flohmarkt haben Seestädter die Möglichkeit, günstig zu Möbeln und Nippes für ihre neuen Wohnungen zu kommen. Das namengebende geografische Zentrum ist natürlich der See von 4,8 Hektar mit seinen ausladenden Ufer-Parkflächen. Im Sommer kann man hier an zwei Badestellen schwimmen gehen – und das ganze Jahr über im Seepark flanieren, die Weite genießen – oder die Spielplätze nutzen. Weitere beliebte Freizeitzonen sind der Skaterpark bei der U-Bahn, der eben fertiggestellte Hannah-Arendt-Park und der Yella-Hertzka-Park mit seiner Blumenwiese und den Spielskulpturen. Was die Mobilität betrifft, so sollen 40 % Radfahrer und Fußgeher, 40 % Öffis und 20 % Autoverkehr die Straßen sicher und umweltfreundlich nutzen. Um ein nachhaltiges Verkehrskonzept umzusetzen, gibt es zwei U-Bahn-Stationen, sieben Buslinien, eine Straßenbahn, breite Gehflächen und Fahrradwege, für die auch ein eigenes Fahrrad-Leihsystem (inkl. Lastenfahrrädern) zur Verfügung steht. Seit Februar 2016 kann auch auf Car-Sharing zurückgegriffen werden. Das Verkehrskonzept strebt als Ziel kurze Wege, faire Straßenteilung und Umweltfreundlichkeit an.
Bauphasen bis 2028
Bald schon werden sich tausende neue Bewohner hier ansiedeln, denn der Bauabschnitt 2 – das Seeparkquartier – wird gerade in Angriff genommen und soll 2022 fertiggestellt werden. Unter anderem entstehen im Gebiet zwischen U2-Station Seestadt und der Maria-Tusch-Straße gerade das HoHo, das weltweit höchste Hochhaus aus Holz, weitere 250 Wohnungen, ein Bürocampus und ein Hotel. Auch die Gesiba ist in diesem Bauabschnitt wieder mit einem Wohnhaus für 66 geförderte Mietwohnungen vertreten. Nach dem Endausbau 2028, der in Richtung Norden erfolgt, werden mehr als 20.000 Menschen in etwa 10.500 Wohnungen in der Seestadt wohnen. Betriebe mit 15.000 Büroarbeitsplätzen und 5.000 Arbeitsplätze in Gewerbe, Wissenschaft und Bildung sollen das Leben in der Stadt bunt und lebendig gestalten. Einer Umfrage nach leben 82 % der derzeitigen Bewohner gerne in der Seestadt Aspern – es ist zu erwarten und zu hoffen, dass dieser Wert in rund elf Jahren ähnlich hoch ausfällt. Die Chancen stehen gut!