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Zivilcourage kann man lernen!

Der Wiener Verein ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) ist österreichweit Anlaufstelle für Betroffene und Zeug:innen von Rassismus und Hass im Netz. ZARA Training bietet zielgruppengerechte Aus- und Weiterbildungen für Menschen an, die sich in Bezug auf Rassismus sensibilisieren wollen oder ihre Zivilcourage stärken wollen. Bianca Schönberger, Geschäftsführerin von ZARA Training, spricht im Interview darüber, wie das Üben von zivilcouragierten Handeln geht.

Warum ist das Üben von Zivilcourage so wichtig?

Zivilcourage kann man lernen und je öfter man übt, desto besser! In den Zivilcourage-Trainings beziehungsweise in der Übungssituation geht es darum, den persönlichen Handlungsspielraum zu erweitern, eigene Grenzen auszuloten und körperliche wie verbale Selbstbehauptung zu trainieren.

Je öfter sich eine Person in einer Situation befunden hat, in der sie aktives Einschreiten einüben konnte und je häufiger sie dies kompetent bewältigt hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Selbstvertrauen, Handlungsentschlossenheit und vor allem Handlungsroutine zunehmen. In einer Notsituation können diese Erfahrungen dann leichter abgerufen werden.

Was bedeutet zivilcouragiertes Handeln?

Bei ZARA Training definieren wir den Begriff so: Zivilcouragiertes Handeln bedeutet den Mut zu haben, sich für jemanden dem Unrecht geschieht, einzusetzen beziehungsweise in unangenehmen Situationen in der Öffentlichkeit einzugreifen. Eingreifen kann, je nach eigenen Grenzen und Fähigkeiten und nach dem Wunsch der Betroffenen, bedeuten, dass man hinschaut, den Betroffenen Unterstützung anbietet, Vorfälle dokumentiert oder Unterstützung beziehungsweise Hilfe holt. Auch in der online Welt ist zivilcouragiertes Handeln gefragt, um Hass im Netz in Grenzen zu halten, Räume nicht stillschweigend aufzugeben und wiederum Betroffenen den Rücken zu stärken.

Wichtig bei jeder Form von Zivilcourage ist: die eigenen Grenzen wahrnehmen und sich selbst nicht in Gefahr zu bringen.

Wie laufen die ZARA-Zivilcourage-Trainings ab? Mit welchen Übungen finden die Teilnehmer:innen mehr Selbstbewusstsein für zivilcouragiertes Handeln? Welche Übungen können Sie unseren Leser:innen empfehlen?

Wir führen die Teilnehmer:innen durch die „4 Schritte der Zivilcourage“: Wahrnehmen, Einschätzen, Verantwortung übernehmen und Handeln. Wir üben anhand von konkreten Beispielen, wie zivilcouragiertes Handeln aussehen kann und zeigen so auf, dass jede:r auf ganz unterschiedliche Weise helfen kann. Diese positive Erfahrung bestärkt, dieses Handlungswissen auch im Alltag einzusetzen. Tipps für zivilcouragiertes Handeln gibt es zum Beispiel im Rassismus Report 2019 (S. 78):

  1. Kleine Schritte statt Held:innentaten!
    Es gibt in jeder Situation mehrere Möglichkeiten einzugreifen. Wichtig ist, dass Sie sich nicht in Gefahr bringen und in brenzligen Situationen einen Sicherheitsabstand halten. Deswegen ist es manchmal umso wichtiger, sich die Unterstützung von verantwortlichen Personen zu holen. In der Schule sind das zum Beispiel Lehrer:innen, im Bus Buslenker:innen, im Supermarkt Verkäufer:innen und bei Gewalttaten die Polizei. Jede:r von uns kann Menschen zur Seite stehen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Wenden Sie sich jederzeit an die ZARA-Beratungsstelle, wenn Sie sich unsicher sind.
  2. Unterstützung anbieten!
    Reden Sie mit der betroffenen Person, um ihre Bedürfnisse besser verstehen zu können. Bieten Sie Ihre Unterstützung an und zeigen Sie, dass Sie da sind und auch dableiben. So fühlt sich die betroffene Person nicht allein gelassen und Täter:innen überlegen es sich zwei Mal, ob sie weitermachen. Bitten Sie die betroffene Person, mit Ihnen zu kommen oder nehmen Sie sie bei der Hand und führen Sie sie weg von dem:der Täter:in. Falls die Person Angst hat, traurig oder verletzt ist, bleiben Sie bei ihr und kümmern Sie sich um sie, bis Hilfe kommt.
  3. Gemeinsam sind wir stärker!
    Fordern Sie auch andere auf, Zivilcourage zu zeigen: „Sie mit dem blauen Rucksack, könnten Sie bitte die Polizei rufen?“ oder „Bitte gehen Sie nicht weg. Wir benötigen Ihre Hilfe.“ Sprechen Sie die Personen direkt, klar und bestimmt an, sonst kann es passieren, dass sich niemand verantwortlich fühlt.
  4. Aufmerksam machen!
    Weisen Sie Umstehende laut auf die Situation hin: „Das ist nicht ok, oder?“ So machen Sie deutlich, dass Gewalttaten keine Privatangelegenheiten sind. Solche Situationen gehen alle etwas an. Manche Täter:innen hören auf, Personen zu belästigen, wenn sie merken, dass sie beobachtet werden und sie somit ihre Anonymität verlieren.
  5. Augen auf!
    Sie können Menschen schon allein damit unterstützen, „unangenehme“ Situationen nicht zu ignorieren, sie zu benennen und hinzuschauen. Für mögliche Ermittlungen der Polizei ist es wichtig, sich zu merken, wie der:die Täter:in aussieht: Größe, Haarfarbe, Kleidung und etwaige Besonderheiten. Im Ernstfall können Sie sich auch als Zeug:in zur Verfügung stellen.

Stichwort Hass im Netz: Wie geht Zivilcourage im Internet?

Das beginnt beim Hinschauen und Dokumentieren: Viele Online-Portale und Social-Network-Betreiber:innen haben eine Meldefunktion, über die herabwürdigende und verhetzende Postings gemeldet werden können. Melden kann man bedenkliche Inhalte auch bei der ZARA-Beratungsstelle #GegenHassimNetz“. Am besten gleich einen Screenshot vom Hasskommentar machen. Das ist auch wichtig, falls man rechtlich dagegen vorgehen will/kann.

Gegenrede und Solidarität sind immer gute Strategien, um Betroffene von Hass im Netz zu unterstützen. Initiativen wie ZARAs „Schneller Konter“ setzen Hasspostings und Gewaltandrohungen Solidaritätsbekundungen für die Betroffenen entgegen. Damit wird gezeigt, dass Hassposter:innen keineswegs repräsentativ für die Bevölkerung sind und dass es eine (oft schweigende) Mehrheit gibt, die Hass im Netz nicht unwidersprochen stehen lassen möchte. Wenn jemand anderer betroffen ist, kann man die betroffene Person direkt anschreiben/ansprechen, um ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und Unterstützung anzubieten.

Es ist auch Zivilcourage, die Situation zu benennen (zum Beispiel: „Das ist eine rassistische, abwertende Aussage“) und zu zeigen, dass man das Verhalten der Hater:innen nicht in Ordnung findet. Eine weitere Möglichkeit ist, andere auf die Situation aufmerksam zu machen (zum Beispiel durch Markieren/Taggen). Damit werden auch andere Mitlesende motiviert, aktiv zu werden, statt wegzuschauen.

Welche Aha-Momente erleben die Teilnehmer:innen bei den Trainings?

Aha-Momente gibt es zahlreiche. Eine sehr wichtige Erkenntnis ist für viele: Man braucht keinen schwarzen Gürtel in Karate, um wirkungsvoll eingreifen zu können!

 

ZARA Training bietet zielgruppengerechte und individuell gestaltbare Aus- und Fortbildungen, Workshops und Projekte in den Bereichen Diversity, Bewusstseinsbildung, Anti-Rassismus und (digitale) Zivilcourage an. Bedarfs- und praxisorientiert unterstützt die Organisation auf diese Weise Kompetenzvermehrung in Unternehmen, Schulen, Behörden, Vereinen uvm.

Die Trainingskonzepte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind jahrelang erprobt und stützen sich auf praktische Erfahrungen aus der Anti-Rassismus-Arbeit in Österreich und der Arbeit zu Hass im Netz unter Einbeziehung wissenschaftlicher Theorien und international anerkannter Trainingsmethoden.

Mehr Informationen zu den aktuellen Zivilcourage-Trainings gibt es unter www.zara-training.at.

Zivilcourage Tipps und Good-Practice-Beispiele von zivilcouragiertem Handeln finden Sie in den Rassismus Reports.

 

Foto: Skokanitsch Fotografie

 

 

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