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Im Herzen der Burg

Theater zu machen ist eine abwechslungsreiche und intensive Aufgabe. Im Interview mit dem Technischen Direktor, Thomas Bautenbacher, und dem Bühneninspektor des Burgtheaters, Johann Krainz, haben wir im wahrsten Sinne des Wortes Einblick hinter der Kulisse bekommen und in die Prozesse, die eine Theaterproduktion ermöglichen.

Die Sonne steht schon recht tief, als wir die Ringstraße vom Schottentor zum Burgtheater entlang spazieren. Gegenüber bilden die Besucher des Wiener Eistraums ein fröhliches Wimmelbild. In wenigen Stunden wird auch der Platz vorm Burgtheater belebter, wenn es seine Tore für Michael Frayns „nackten Wahnsinn“ öffnet. Andächtig betrachten wir auf dem Weg zum Bühneneingang die prachtvolle Außenfassade des von 1874 bis 1888 errichteten Prunkbaus.

Drinnen angekommen, werden wir vom Portier herzlich begrüßt. Dann geht es auch schon in den fünften Stock. Am Weg durch die zahlreichen Geschoße und Gänge können wir uns gut vorstellen, dass es eine Weile braucht, bis das mit der Orientierung in diesem Gebäude funktioniert – und dabei waren wir noch nicht auf und unter der Bühne!

In einem kleinen Besprechungsraum treffen wir auf den Technischen Direktor des Hauses, Thomas Bautenbacher, und den Bühneninspektor, Johann Krainz. Der Raum ist voller Stoff- und Materialmuster – hier wird in Absprache mit Regie, Bühnenbild, Requisite, Licht und Technik abgewogen, was machbar ist. Sprich: ob die Umsetzung einer neuen Theaterproduktion im Rahmen des Budgets, der Aufbauzeit und der Machbarkeit ist. Dabei beginnen die Gespräche darüber, was sich dem Theaterbesucher nach dem Öffnen des Vorhangs darbietet, mit dem Bühnenmodell des Bühnenbildners.

Die darauffolgende Bauprobe, eine vereinfachte Umsetzung des Bühnenbilds mit geringen Mitteln, macht sichtbar, was planerisch schwer greifbar ist. Zum Beispiel wird hier auf die Sichtlinien geachtet: Die Gestaltung der Bühne und ihr Geschehen sollen für jeden Besucher gut erkennbar sein – ansonsten müssen Plätze gesperrt werden. Besonders wichtig ist auch die Sicherheit der Bühnenarbeiter und des Ensembles. Sie alle werden vor der Aufnahme des Probenbetriebs in die neuen Bühnenbegebenheiten eingewiesen.

Deren Zusammenspiel werden wir gleich hautnah erleben. Wir machen uns auf den Weg zur Bühne. Von der Maske im fünften Stock geht es über die hauseigene Wäscherei und Seilerei zum Schnürboden. Behutsam schließen wir die Tür hinter uns – denn gerade wird ein neues Stück geprobt. Volle Konzentration soll durch neugierige Schreiberlinge nicht gestört werden. Der Bühnenturm hat eine Höhe von 28 Metern, darüber ist die Gritebene auf der sich die Umlenkungen und Seilführungen der Schnürbodenzüge befinden. Bei den unzähligen Dekorations- und Lastenzügen ist ein guter Teil noch manuell bedienbar. Dieser erste Einblick in die notwenige Maschinerie hinter den Kulissen verdeutlicht, was der Technische Direktor immer wieder betont: „Theater ist Teamarbeit. Jeder wird gebraucht. Jeder einzelne leistet mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Besucher glücklich und beseelt wieder nach Hause gehen – von der Reinigung über die gesamten technischen Abteilungen bis hin zur künstlerischen Leitung.“

Wir ziehen weiter an den Garderoben der Komparserie und des Ensembles vorbei – auf der linken Café Landtmann-Seite die der Herren, auf der rechten, zum Volksgarten ausgerichteten, die der Damen – in Richtung Bühne. Dort ist die Probe mittlerweile zu Ende und die Bühnenarbeiter sind bereits mit dem Abbau beschäftigt. Es ist die Spätschicht: Von 7 Uhr Früh bis 23 Uhr werden in drei Schichten emsig Kulissen und Dekoration auf- und abgebaut. Untertags für die Proben und abends, manchmal auch morgens, für die Vorstellungen. „Es ist harte Arbeit, aber nie langweilig.“ Der Bühneninspektor hat mit 22 Jahren an der Burg als Montagetischler angefangen. „Alle sind mit viel Humor bei der Sache. Vor den Vorstellungen haben Nicholas Ofczarek und ich gerne miteinander gescherzt.“

„So ein Auf- beziehungsweise Abbau kann zwei bis sechs Stunden dauern. Dennoch versuchen wir natürlich immer dem Ensemble möglichst viel Raum für Bühnenproben zu geben“ erklärt Johann Krainz weiter. Von der Hinterbühne aus machen wir uns auf den Weg unter die dreh- und versenkbare Hubpodien. Überall stehen Kulissenteile und Requisiten der aktuellen Inszenierungen. In den hauseigenen Metall- und Holzwerkstätten wird das Treiben wieder reger. „Wenn wir nach der Bauprobe zu einem Konsens gelangt sind, machen wir eine Detailkonstruktion. Die eigentliche Herstellung des Bühnenbildes und Dekorationsausstattung wird jedoch von ART for ART übernommen – an die wurden die Werkstätten 1999 ausgelagert.

In den technischen Räumlichkeiten unter dem Parkplatz zwischen Café Landtmann und Burgtheater werden auch alte Prospekte, Teile von Bühnenbildern, gelagert. „Es ist uns sehr wichtig mit dem Geld, das wir von der öffentlichen Hand bekommen, sorgsam umzugehen“ erklärt der Technische Direktor. „Wir versuchen möglichst viele Kulissenmaterialien und -bauteile wieder zu verwerten.“ Und obgleich der Planungsprozess über die Produktion und die Behördenprobe zur Premiere viel Pragmatismus verlangt, so ist das Kunstverständnis jedes einzelnen Mitarbeiters groß: „Guter Service ist uns auch in der Technik sehr wichtig. Da gibt es kein Augenrollen bei Überlegungen, ob eine Requisite zwei Zentimeter weiter links oder rechts stehen sollte. Wir bringen uns mit Leib und Seele aktiv in diesen Gestaltungsprozess ein.“

Sehr leidenschaftlich haben die zwei Burgmitarbeiter über ihre Arbeit erzählt. Und es sind nicht nur die Erzählungen von außergewöhnlichen Begegnungen mit Bill Clinton oder Michael Jackson, die ihre Augen zum Strahlen bringen – es ist gewiss auch der Stolz für dieses sagenumwobene Haus zu arbeiten. Das zeigt sich auch im Büro des Bühneninspektors in dem wir uns zur Verabschiedung einfinden: Die Tischplatte des Besprechungstisches ist aus dem alten Bühnenparkettboden angefertigt. Der Bezug der Bank aus dem Stoff des roten Vorhangs.

Wer nun selbst einen Blick hinter die Kulissen des Burgtheaters werfen möchte, dem empfehlen wir die neue Dokumentation „Die Burg“ sowie die Führungen durch die Spielstätte.

„Burgtheater – Blick hinter die Kulissen“
Zwischen 1. September und 30. Juni (außer 24. Dezember & Karfreitag, Änderungen vorbehalten) täglich um 15 Uhr
Preise: Erwachsene € 8,–; Senior*innen € 7,–; Kinder, Schüler*innen, Studierende € 4,–

Anmerkung der Redaktion: Bis das Burgtheater wieder seine Tore öffnet können Sie online rund um die Uhr an einer Führung durch den Burgtheater-Gemäldezyklus teilnehmen und die fantastischen Deckengemälde der Feststiege Volksgartenseite von den Brüdern Gustav und Ernst Klimt sowie von Franz Matsch im Detail entecken.

Burgtheater
A: Universitätsring 2, 1010 Wien
T: +43 1 51444 4143
M: info@nullburgtheater.at
W: www.burgtheaters.at

Fotos: Matthias Horn, Georg Soulek

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