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Fairness. Grundlage des guten Lebens für alle

Fairness ist ein zentraler Begriff unseres Verständnisses von Moral. Sehen wir uns in unserem Gespür dafür angegriffen, hat das oft eine große Wirkung. Die Reaktionen reichen von Wut bis hin zur Infragestellung der Beziehung zu den Ungleichbehandelnden. Unser Sinn für Gerechtigkeit wird in der kindlichen Entwicklung früh angelegt. „Das ist unfair!“ hören wir bereits von unseren Jüngsten. Schon in ihrem Alter verstehen wir Fairness als anständiges Verhalten, das einer gerechten und ehrlichen Haltung gegenüber anderen Menschen resultiert.

In unserer Natur
Doch warum liegt uns Fairness so am Herzen? Welche Funktion hat dieses Verhalten in der Evolution? Diesen Fragen versuchen Verhaltensforscherinnen wie Frans de Waal und Sarah Brosnan in ihrer Arbeit auf den Grund zu gehen. In ihren wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen sie, dass dieser Sinn für Gerechtigkeit auch in Tieren, wie in Affen, Elefanten, Hunden oder Wölfen verankert ist.
So werden zum Beispiel in einem Experiment zwei Kapuzineräffchen für das erfolgreiche Bestehen derselben Aufgabe unterschiedlich bezahlt – eines mit Gurken, das andere mit Trauben. Letztere Naschereien werden von den kleinen Primaten als „wertvoller“ bewertet. Die Reaktion auf diese Ungerechtigkeit folgt prompt: Das mit der Gurke gefütterte Äffchen rüttelt am Käfig. Untersucht den Stein, den es reichen soll, ob an dem etwas faul sei. Und ist letztendlich nicht mehr bereit die Aufgabe weiterhin zu lösen. Oft beteiligt sich das das Trauben-Äffchen aus Solidarität so lange am Streik bis beide eine Traube erhalten.

Die Frage ist: Wenn man genug bekommt, warum macht es dann etwas aus, dass manche mehr bekommen? Einer Hypothese nach ist unser Gerechtigkeitssinn ein Instrument, um den Wert des Kooperationspartners zu bestimmen. Arbeitet man mit jemandem zusammen und ist frustriert, weil man meint, der andere bekomme mehr, kann das eine Art Faustregel sein, einen neuen Partner zu suchen. „Lange wurde Kooperation ignoriert, weil man sie als Gegensatz zur Vorstellung der natürlichen Auslese ansah, bei der jeder für sich kämpft. Es stimmt, dass das das Ziel der Evolution ist. Aber was dabei übersehen wird: Dieses Ziel erreicht man durch Kooperation“, so die Verhaltensforscherin Sarah Brosnan.

Ein Maßstab für eine faire Gesellschaft
So wie auf der individuellen Ebene, ist das, wo es zwickt, also ein wichtiger Hinweis dafür, worin wir persönlich wachsen können. Und worin wir als Gesellschaft miteinander wachsen können. „Ungleichheit wurde zur gängigen Methode, Dilemmata zu erfassen, denen wir in der Entwicklung unserer Gesellschaft begegnen“, sagt Michael Green, der Geschäftsführer der NGO „Social Progress Imperative“. Mit seinem Team veröffentlicht Green jedes Jahr ein Ranking den „Social Progress Index“ [deutsch: „Index des sozialen Fortschritts“]. Anhand dieses Maßstabs soll die Frage, was eine gute Gesellschaft ist, beantwortet werden. Die Erhebung untersucht den aktuellen Stand von drei Bedingungen. Erstens: Sind lebensnotwendige menschliche Bedürfnisse bei jedem erfüllt? Hier geht es um Ernährung und medizinische Grundversorgung, um Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen, um Schutz und Obdach sowie um persönliche Sicherheit. Zweitens: Haben alle BürgerInnen die Bausteine für ein besseres Leben, wie zum Beispiel Zugang zu Bildung und Information, aber auch Gesundheit und eine intakte Umwelt? Drittens: Haben alle die Freiheit, ungehindert ihre Hoffnungen und Träume zu verfolgen?
Haben sie also Rechte und Wahlfreiheit? Wie steht es um Toleranz und Inklusion?

Österreich befindet sich derzeit auf dem 11. Rang. Diese Platzierung wird unter anderem der langen Tradition des Sozialstaates sowie der Sozialpartnerschaft zugeschrieben. Letztere soll durch die Pflege eines kooperativen Verhältnisses einen Interessensausgleich zwischen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerverbänden) bewirken und somit für eine soziale Gestaltung der Arbeitswelt. Neben den vier weiteren Sozialpartnern, der Wirtschaftskammer (WKO), dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), der Landwirtschaftskammer (LK) und der Landarbeiterkammer (LAK) ist die Bundesarbeiterkammer (BAK) Teil der österreichischen Sozialpartnerschaft. Die Arbeiterkammer ist täglich Anlaufstelle für Menschen, die um ihre Rechte kämpfen. Und das ist genau das, „was sie vielleicht von anderen politischen Lobbys unterscheidet: dass sie zugleich nah am Alltag der arbeitenden Menschen ist,“ so der Regisseur Constantin Wulff. Sein Dokumentarfilm „FÜR DIE VIELEN – Die Arbeiterkammer Wien“ beschreibt diese einzigartige Institution in einem Schlüsselmoment: Im Direct-Cinema-Stil [Anm.: das ist beobachtendes Kino: keine gestellten Szenen, keine Interviews, kein erklärender Off-Kommentar] porträtiert Wulff die Arbeiterkammer während der Vorbereitungen für ihr 100-Jahr-Jubiläum. Die vielseitigen Einblicke zeigen, wie sich die Aufgaben der AK mit Digitalisierung und Globalisierung geändert haben. Den Regisseur und die Film-Crew haben die Dreharbeiten dazu bewegt, die eigene Arbeitssituation zu reflektieren: „Obwohl wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten,
haben wir zum ersten Mal über unsere Arbeitsverhältnisse gesprochen und bei allen hat sich der Blick auf die eigene Arbeit ziemlich verändert.“

Mitsprechen können
Darüber sprechen ist das Fundament von Fairness. In Sport und Spiel bedeutet Fairness, sich an Spielregeln zu halten, damit Anstand zu wahren und Gerechtigkeit walten zu lassen. Diese Regeln machen wir Menschen uns untereinander aus. Das heißt, dass sie auf einem Konsens basieren, mit dem wir gleiche Bedingungen für die Beteiligten schaffen wollen. Das nennen wir dann „Fair Play“. Doch was ist, wenn nicht alle mitreden können? Demokratiepolitisch bedeutet das zum Beispiel zu hinterfragen, wer wahlberechtigt ist und wer nicht. Knapp 1,4 Millionen Menschen im Wahlalter waren von der Bundespräsidentschaftswahl im Oktober ausgeschlossen, weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Viele der Betroffenen leben schon lange in Österreich oder sind sogar hier geboren. [Anm.: Das Konzept Staatsbürgerschaft baut in Österreich noch immer weitgehend auf dem Abstammungsprinzip – auch „ius sanguinis“ oder „Blutrecht“ genannt – auf.] Um gegen diesen Demokratieausschluss ein Zeichen zu setzen, veranstaltete SOS Mitmensch gemeinsam mit KooperationspartnerInnen in ganz Österreich am 4. Oktober eine Pass Egal Wahl. Bei Pass Egal Wahlen können alle Menschen im Wahlalter ihre Stimme abgeben, also auch jene die auf Grund ihrer nicht-österreichischen Staatsbürgerschaft von der jeweiligen offiziellen Wahl ausgeschlossen werden. Die jeweiligen offiziellen Wahlen werden gewissermaßen durch die Pass Egal Wahlen ergänzt und vervollständigt. Anlässlich der Bundespräsidentschaftswahl 2022 beteiligten sich erstmals 50 Schulen in ganz Österreich an der Pass Egal Wahl. Die Wahl endete mit einer Rekordbeteiligung: Mehr als 8.500 Menschen gaben ihre Stimme ab.

Generationengerechtigkeit
Mitbestimmen zu können kann jedoch auch eine Sache des Alters sein. Kinder haben oft kein Mitspracherecht darin, was fair ist und was nicht – Erwachsene entscheiden für sie. YEP möchte das ändern und die unabhängige Stimme der Jugend in die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bringen. Das wollen sie über Partizipationsmöglichkeiten in Organisationen, Institutionen und Unternehmen ermöglichen. So hat das Unternehmen zum Beispiel im Auftrag vom Erste Financial Life Park (FLiP) einen Jugendbeirat zum Thema Finanzbildung installiert. Als ExpertInnen ihrer Lebensrealität haben sich über 800 junge Menschen aus ganz Österreich im Alter von 14-20 Jahren aktiv beteiligt, haben sich online und offline eingebracht und zum Jugendbericht beigetragen. Junge Menschen darin zu bestärken, ihre Stimme einzubringen und ihre Zukunft aktiv mitzugestalten ist letztendlich auch deswegen so wichtig, weil sie die Zukunft, für die wir heute die Weichen stellen, erleben werden.

Wer das Gefühl hat, in einer fairen Gesellschaft zu leben, ist dazu bereit an sich selbst zu arbeiten und sich am Fortschritt der Gemeinschaft zu beteiligen. Letzten Endes ist Fairness die Einsicht, dass unsere Leben eng verknüpft sind. Wenn wir uns für ein faires Miteinander einsetzen wollen, dann ist es wichtig, sich mit Möglichkeiten der Mitsprache, Fragen von Chancen, Zugang und Privilegien auseinanderzusetzen – für sich und für andere.

 

Inspirationen

Mitreden
YEP bringt die unabhängige Stimme der Jugend in die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Im YEP Action Netzwerk erfahren Jugendliche von Partizipationsmöglichkeiten sowie von Mini-Jobs und können in Workshops ihre Präsentations- und Kommunikationsskills ausbauen. Mehr Informationen unter www.yep-austria.org

Pass Egal Wahl
Die Aktion von SOS Mitmensch findet regelmäßig in Bezug auf politische Wahlen auf Bundes- und Landesebene in Österreich statt und kann auf verschiedensten Wegen unterstützt werden: durch Wählen, Mitmobilisieren, Ehrenamtlich mithelfen und die Organisation von Wahllokalen. Mehr Informationen unter www.passegalwahl.at

Für die vielen
Der Dokumentarfilm porträtiert die Arbeiterkammer Wien zwischen reicher Vergangenheit und ungewisser Zukunft — sowie des gesellschaftlichen Ausnahmezustands der Gegenwart an sich. Mehr Informationen, Unterrichtsmaterial sowie aktuelle Spieltermine unter: www.fuer-die-vielen.at

 

Beitragsbild: Adobe Stock

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