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Türme ohne Tafeln – Die vergessene Geschichte der Wiener Flaktürme

Sie sind unübersehbar, aufdringlich und prägen an unterschiedlichen Orten das Stadtbild Wiens: die ehemaligen Flaktürme. Als einzige authentische bauliche Relikte aus der NS-Zeit erinnern sie an furchtbare Jahre der Stadtgeschichte.

Das Spannungsfeld zwischen kritischer Erinnerung und aktueller Nutzung ist auch eines der Themen, mit dem sich das Interdisziplinäre Forschungszentrum Architektur und Geschichte iFAG auseinandersetzt. Dessen Obfrau Ute Bauer-Wassmann und ihr Team aus Architekten, Historikern und Naturwissenschaftern sind im Rahmen zahlreicher Forschungsprojekte nicht nur auf zahlreiche Details gestoßen, die Zeugnis über die Errichtung ablegen. Bauer-Wassmann hat auch einen kritischen Blick auf die aktuelle Situation. „Die Flaktürme sind wichtige Mahnmale für Zwangsarbeit“, merkt die Forscherin an.

Heute ist die Situation der Türme sehr unübersichtlich und komplex. Mehrere Eigentümer – darunter die Bundesimmobiliengesellschaft und die Stadt Wien – nutzen und/oder vermieten die Liegenschaften unterschiedlich. Bis auf das – privat betriebene – Haus des Meeres ist keiner der Türme zugänglich. Bei der Stadt Wien liegen Sanierungspläne aus Kostengründen auf Eis. Die Sicherheit von Besucherinnen und Besuchern kann somit nicht gewährleistet werden.

„Unser Ziel ist es, den Entstehungskontext der sechs ehemaligen Flaktürme durch Informationstafeln sichtbar zu machen.“
Ute Bauer-Wassmann, Obfrau des iFAG

Ute Bauer-Wassmann wünscht sich ein Konzept, das der Erinnerung an die belastete, aber umso wichtigere Entstehungsgeschichte der Flaktürme gerecht wird. Denn beim Bau wurden – neben jungen Soldaten der Wehrmacht – sehr viele Zwangsarbeiter aus verschiedenen Ländern wie Griechenland, Italien oder dem ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Auch jüdische Zwangsarbeiter waren beteiligt. Dazu kamen einige wenige österreichische Fachleute, die die ungelernten Arbeiter beaufsichtigten. Pro Turm waren etwa 300 bis 500 Zwangsarbeiter im Einsatz.

Die Abläufe waren durch Zeitdruck und Sprachbarrieren einerseits und durch Materialmangel andererseits chaotisch und improvisiert. Man sprach auch vom „Turmbau zu Babel“, weil die Verständigung unter den Arbeitern oft sehr schlecht funktionierte.

Auch das Material musste mühevoll zusammengetragen werden und erschwerte die Arbeiten zusätzlich. In jedem Kubikmeter Beton wurden 50 Kilogramm Stahl verbaut. Verschiedenste Betonarten und -qualitäten, die aus unterschiedlichsten Quellen stammten, mussten für eine durchgehende Stabilität im gesamten Turm sorgen.

„Unser Ziel ist es, den Entstehungskontext der sechs ehemaligen Flaktürme durch Informationstafeln sichtbar zu machen. Bisher gibt es keinerlei Hinweise dieser Art, die an die Ausbeutung tausender Zwangsarbeiter aus allen Teilen Europas erinnern“, skizziert Bauer-Wassmann ihre Vorstellung von praktizierter Erinnerungskultur. Auch ein Flakturm-Archiv mit Funden aus den Türmen, die das Schicksal der Arbeiter sicht- und greifbar machen, ist ein Wunsch des iFAG.

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